Situationen, die für Menschen mit Depressionen sehr schwierig sind. Teil I.
- jpfuetzenreuter2
- 20. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Etwas, was wahrscheinlich für viele Menschen mit Depressionen sehr schwierig ist, sind Zusammenkünfte mit Menschen. Mit mehreren Menschen auf recht engem Raum beziehungsweise an einem Tisch sitzend. Wo man quasi nicht entkommen kann und sich nicht unsichtbar machen kann. Klingt irgendwie seltsam, ist aber so. Wie bei Familienfeiern, der Einladung zum Grillen im Sommer oder Zusammenkünften mit der Familie an Weihnachten oder anderen Feiertagen. Handelt es sich nur um meine engere Familie, dann ist es ok für mich. Alle kennen mich sehr gut und wissen über die Situation Bescheid. Handelt es sich beispielsweise um die (deutlich größere) Familie meines Freundes, ist die Situation für mich etwas anders.
Meist geht es ja darum eine entspannte Zeit zu haben, zu reden, sich auszutauschen über das, was es so Neues gibt. Über Arbeit, Hobbys, Sport, Urlaub oder andere Themen. Kommunikation halt. Eigentlich keine große Sache und bevor die Depression Einzug in mein Leben nahm, war das für mich auch absolut nichts, wo ich auch nur ansatzweise drüber nachgedacht hätte. Ich war offen, kommunikativ und meist gut gelaunt.
Seit dem sieht es aber anders aus. Ich fühle mich leider bei solchen Zusammenkünften maximal unwohl und bin innerlich total angespannt. Ich fühle mich, als erwarte man von mir, dass ich mich mit den anderen Anwesenden unterhalte, gut drauf bin und halt…normal bin. Normal…?
Normal ist bei mir leider gar nichts mehr. Ich habe an den allermeisten Tagen keine große Lust mich zu unterhalten. Außer mit meinen absolut Engsten. Ich habe generell wenig Lust unter Leuten zu sein. Ich habe auch nichts zu erzählen. In meinem Leben passiert schon sehr lange nichts mehr, worüber ich groß Lust hätte zu reden. Themen wie Depression, Bulimie, plötzliches unerklärliches Weinen, Antriebslosigkeit, Psychotherapie oder regelmäßige Besuche bei meiner Psychiaterin sind halt auch nicht so die Knüller Themen. Viel mehr passiert in meinem Leben aber schon länger nicht mehr.
Ich sitze dann da, schweige und komme mir vor wie die seltsame Psychofrau. Auch wenn das sicherlich niemand denkt, ich fühle mich aber so. Ich bin bei solchen Zusammenkünften auch immer so angespannt, dass ich nichts essen kann. Nur leider gibt es bei Familienfeiern immer reichlich Essen. Kuchen etc. kommt ja eh schon nicht in Frage aber geht es dann an ein Abendessen oder Ähnliches ist meine Kehle leider auch wie zugeschnürt. So werde ich dann nach meinem Empfinden auch zu der seltsamen Person die nichts isst. Aber das kenne ich ja noch aus meiner Zeit mit der Magersucht.
Für mich sind solche Treffen unglaublich anstrengend seitdem ich unter der Depression leide. Ich fühle mich, als sei ich gar nicht mehr sozial verträglich. Als könne ich keine Gespräche mehr führen, auch wenn ich es wollte. Das führt nicht unbedingt dazu, dass ich mich allgemein besser fühle. Ehrlich gesagt warte ich immer nur darauf, dass sich das Treffen auflöst und alle nach Hause fahren.
Ich könnte natürlich auch einfach nicht mit gehen zu solchen Zusammenkünften aber meist ist die Alternative, dass ich dann alleine zu Hause bin und besonders in Phasen wo es mir besonders schlecht geht, ist das alleine sein auch nicht die beste Idee. Außerdem will man ja auch nicht unhöflich sein und immer jede Einladung absagen und fern bleiben.
Wie sehr es mich stresst, wenn eine solche Situation ansteht, erlebe ich genau jetzt. Es ist mittlerweile zwei Uhr nachts. Ich schreibe diesen Text da ich eh nicht schlafen kann. Denn morgen, beziehungsweise heute geht es zu einer Familienfeier bei der Familie meines Freundes.
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